Gig Review: Ryotts, 28.02.2016

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Wenn man zu viel feiert…

Sonntagabend, Stadtbahnbögen, 20:30 Uhr. Dem Wochentag entsprechend befanden sich nur wenige ZuhörerInnen im Wiener B72. Man fühlte sich beinahe wie auf einem Privatkonzert.

I’m A Sloth

I’m A Sloth hieß die erste Band, bestehend aus drei Mitgliedern: Schlagzeuger (Andreas Kuzmits) und zwei Frontfiguren (Bernhard Drexler, Flora Ska) die sich sowohl mit den Vocals als auch ihren Instrumenten (Gitarre und Bass) im Laufe ihres Sets abwechselten. Schon nach den ersten Sekunden war klar: Das ist Stoner Rock. Wem Bands wie die Crispies (Review) gefallen, sollte hier mal reinhören.

Frontmann Bernhard Drexler hat ein eher helles Timbre und wird ganz offensichtlich gerne laut. Auch beim Reden hat er eine ziemlich einprägsame Stimme. Kollegin Flora Ska dagegen hat eher was düsteres in ihrem Gesang, der anfangs ziemlich monoton ausfiel, gegen Ende des Konzerts dann aber doch noch mehr Potential zeigte. Beim prinzipiell interessanten Auftritt waren es letztendlich allerdings einige Pannen, die die Show in keinem guten Licht enden ließen:

Beim zweiten Song verlor Bernhard Drexler seinen Gitarrengürtel – oh je. Kompliment an die gelungene „Scheiß’ drauf“-Attitüde, weitergespielt wurde trotzdem. So eine E-Gitarre ist ja aber nicht unbedingt handlich im Stehen, da wurde schon ein wenig gekämpft. Aber gut, kann ja Mal vorkommen! Beim vierten Song passierte es dann aber nochmal – und das war dann schon fragwürdig. Als Draufgabe hat er dann bei einem Song, für den Plätze getauscht wurden (also Gitarre gegen Bass), durch wilde Sprünge seiner Kollegin die Gitarre abgesteckt. Der Gurt ist eine Sache, aber den KollegInnen so reinzupfuschen, dass man das Instrument dann nicht mehr hört (!) darf echt nicht passieren. Schade!

Sungazer

Nach dem etwa halbstündigen Set der ersten Band kamen etwas später gegen 21:30 Uhr Sungazer aus Wien auf die Bühne. Mit zwei Bandmitgliedern mehr kam man hier auf ein Ensemble aus Bass (Damien), siebensaitiger Gitarre (Johannes), Schlagzeug (Lucas), Keyboard (Martin) und Gesang (Felicitas). Journey Under Stars, der erste Song, begann und eine wunderschöne melodische Stimme legte sich über ziemlich klassische Metal-Riffs. Was dabei rauskommt: Symphonic Metal. Dieser Kontrast, zusätzlich mit den Keys, verleiht dieser Band eine mystische Aura, die allem Anschein nach ganz bewusst angepeilt wird.

Mit einem ausgesprochen begabten Gitarristen, tighten Drums und Songtiteln wie Guided, Beneath the Grass oder A Nightingale’s Tale auch ziemlich gelungen! Einzig beim Bassisten war ich unschlüssig – teilweise zu laut, dann wieder zu wenig präsent. Beeindruckt war ich hingegen vom Piano-Intro der dritten Nummer Oceans Away, gefolgt von einem der vielen stolzen Gitarrensoli, die sich offensichtlich obligatorisch durch jede Nummer ziehen. Allerdings hätte ich mir hier manchmal gewünscht, Gitarrist Johannes würde an manchen Stellen länger ausharren. Die Läufe waren bei beachtlichem Tempo alle einwandfrei gespielt, keine Frage. Aber oft stellte sich einfach kein Ruhepunkt ein. Es ist wohl eine Frage des Geschmacks.

Generell aber funktionieren die Instrumente hier miteinander sehr gut, jeder bringt passende Fills ein, was fehlt sind aber eindeutig Backing Vocals. Da Sängerin Felicitas eine sehr schöne, aber auch sehr hohe Stimme hat, wäre es empfehlenswert, das durch ein paar Männerstimmen auszugleichen und abzurunden.
Zu sehen sind Sungazer das nächste Mal am 11.03.2016 im Wiener Escape.

Ryotts

Headliner des Abends waren Ryotts aus Oberösterreich, die in Wien ihren Album-Release für das zweite Studioalbum Universe veranstalteten. Nachdem ich diese Gruppe als Vorband von FREDDIE RED (Review) im Wiener Shelter einmal verpasst hatte, die letzten fünf Minuten ihres Sets allerdings noch hören konnte (und die waren echt gut!), wollte ich mir unbedingt bei nächster Gelegenheit einen kompletten Auftritt ansehen. Um 22:30 Uhr dieses Abends war es dann endlich so weit.

Als ich den Sänger hörte, wusste ich wieder genau, warum ich diese Band sehen wollte. Oliver Zinhobl hat eine kraftvolle, beeindruckende Stimme, die definitiv auf die Bühne gehört. Auch showtechnisch lassen die Ryotts nicht zu wünschen übrig – das Publikum wurde total mitgerissen (auch, wenn es an diesem Abend ein kleines war). Bass (Jürgen Wachholbinger) und Schlagzeug (Thomas Buchinger) arbeiten gut zusammen, die Gitarren (Oliver Zinhobl, Bernhard See) passen, das Gefüge stimmt. Am Ende kommt dabei dann etwas heraus, das die Band selbst als Modern Grunge bezeichnet.

Aber was war dann los? Beim dritten Song Cocktail (Oliver Zinhobl: „Zu Deutsch: ‚Schwanzschwanz’“) hat noch alles gepasst. Dann riss Bernhard See eine Saite. Die Pause, um dieses kleine Missgeschick zu beheben wurde für ein cooles Schlagzeugsolo genutzt. Dann ging es allerdings stimmlich ziemlich bergab: Beim nächsten Song Message to My Kid waren zunächst ein paar schiefe Töne dabei. Bei der fünften Nummer Universe (deren Titel das neue Album trägt) wurde momentweise stimmlich ganz ausgesetzt.

Beim siebenten Song Trots war die Stimme dann offensichtlich angeschlagen, bis angekündigt wurde, dass die nächste Nummer Drug Addict die letzte sei. Deep Water wurde somit nicht mehr gespielt. Das war wirklich schade, schließlich hatte ich mich echt auf dieses Konzert gefreut. Trotzdem bin ich sehr froh, die Ryotts gesehen zu haben, und freue mich auch auf die nächste Gelegenheit. Die stimmliche Verfassung erklärte mir Oliver Zinhobl dann nämlich noch: „Zu viel gefeiert die letzten Tage, außerdem hatte der Bernhard Geburtstag…“ Aso. Na dann ist das zum Glück ja nur temporär.

Autorin: Robin Frank

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